In Zusammenarbeit mit der Polizei Limburg-Süd, der federale Polizei Belgien und dem Ständigen Stab Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) hat die Polizei Limburg-Nord am 20 November 2002 'TRIAS' eine internationale, grenzüberschreitende Geiselnahmeübung durchgeführt.
Ziel der Übung war, auf eine möglichst realistische Weise die internationale Zusammenarbeit auf Führungsebene und auf operationeller Ebene zu testen.
Die Nachbereitung war nicht darauf gerichtet, funktionsträger nach ihrem Handeln zu beurteilen, sondern auf Lernen für die Zukunft, für das Sichtbarmachen von relevanten Prozessen und Entscheidungsmomenten sowie über die Auswirkung von Entscheidungen.
Die von den Teilnehmern und Beobachertern formulierten Nachbereitungspunkte beinhalten viele Erfahrungsmomente, die sich zu einem großen Teil durch konsequente Beachtung der professionellen Auftragserfüllung, einder guten Kommunikation untereinander und Übungserfahrung auszeichneten. Aus den Schlussfolgerungen wird ersichtlich, dass 'TRIAS' daneben auch viele 'Hausaufgaben' für die internationale, polizeiliche Zusammenarbeit und die Organisation und das Auftreten der staatlichen Stellen im weiteren Sinn bietet.
Schlussfolgerungen
Eine realistische Übung wie 'TRIAS' liefert in Kombination mit der strukturierten Dokumentation durch die Beobachter viele brauchbare Informationen über potenzielle Problempunkte und Fortbildungselemente. Da die Übung nach beendigung der Geiselnahmeaktion abgebrochen wurde, sind hier keine Punkte aufzuführen, die sich mit dem Abbau und der Nachphase im allgemeinen beschäftigen.
Einige Teile der Lehrmomente und Schlussfolgerungen sind nicht neu; sie wurden bereits bei vorangegangenen Übungen oder in der Praxis erlebt, aber nicht immer schriftlich fixiert. Angesichts der unterschiedlichen Qualität der Berichte und der begrenzten Anzahl an Erfahrungsberichten ist auch nach 'TRIAS' wider deutlich geworden, dass die normalen Prozesse des Berichtswesens und der Evaluierung nicht selbstverständlich ablaufen und dies dazu führt, dass nicht alle Problempunkte und Lehrmomente erkennbar werden.
Es ist wieder einmal erkennbar geworden, dass mobile Geiselnahmen gekennzeichnet sind durch schnell wechselnde Situationen und Umstände, die weitreichende Entscheidungen in kürzester Zeit erforderlich machen. Angesichts der geografischen Situation kann sich eine Geiselnahmeaktion in Belgien, Deutschland oder den Niederlanden schnell örtlich in eines der Nachbarländer oder die Nachbarbehörden verändern. Dies stellt hohe Ansprüche an die Zusammenarbeit untereinander. Angesichts der Komplexität der Probleme von großangelegten, grenzüberschreitenden Geiselnahmen bleibt die Frage, ob jede Regiopolizeibehörde in den Niederlanden dazu in der Lage ist, permanent einsatzerfahrene und trainierte Polizeiführer bereit zu halten, und über die erforderlichen (Sach-) Mittel verfügt. Auch ist (nicht zum ersten Mal) deutlich geworden, dass jeder Wechsel innerhalb der Führung zu Abstimmungsproblemen und Informationsverlusten führt. Maßnahmen zur Reduzierung der Wechsel bzw. zur Minderung der daraus resultierden Folgen sind deshalb auch geboten.
Empfehlungen für die internationale Zusammenarbeit
Es ist unbedingt zu empfehlen, dass die internationale Zusammenarbeit bei grenzüberschreitenden Geiselnahmeaktionen intensiviert werden muss. Es sind eindeutige Absprachen erforderlich über die Alarmierung, den Austausch von Verbindungsleuten und andere Arten der Zusammenarbeit. Dabeu muss auf jeden Fall unzweideutig festgelegt werden, wann welche Instanz alarmiert wird, welche Informationen übermittelt werden, welche Maßnahmen anschließend von der alarmierten Instanz getroffen werden und, wie und wann hierauf eine Rückmeldung erfolgt. Bei Geiselnahmeaktionen müssen Standards für die Verbindungsleute vereinbart werden, zumindest für den Führungsverantwortlichen der unterschiedlichen Länder Entschließungsgründe, Strategien und Szenarien vereinbaren oder auf einander abstimmen. Es wäre auch wünschenswert, wenn es möglich gemacht werden könnte, dass bei grenzüberschreitenden Geiselnahmeaktionen die Führung in dringenden Fällen auch über die ausländischen Polizeikräfte verfügen kann. Polizei-Institutionen in den niederländischen Grenz-regios, Belgien und Nordrhein-Westfalen/ Niedersachsen sollen gemeinsam einen Übungsplan für grenzüberschreitende Maßnahmen erstellen und ein gemeinsames, internationales Eingriffsubereinkommen über den Umgang mit grenzüberschreitenden Geiselnahmelagen organisieren. Hierbei soll aufgezeigt werden, welche darüberhinausgehenden Arbeitsabsprachen für einen erfolgreichen, internationalen Umgang mit grenzübewrschreitenden Geiselnahmelagen notwendig sind.
Empfehlungen für das niederländische staatliche Auftreten
Es wären Absprachen wünschenswert, damit Vereinbarungen darüber getroffen werden, dass bei zukünftigen Geiselnahmeaktionen kein Führungswechsel zwischen den Regio-Polizeibehörden in den Niederlanden mehr stattfindet und damit derselbe Führungsstab von beginn bis zum Ende die Leitung über die Lage behält. Es empfiehlt sich, dass eine festgelegte Anzahl von Stäben für grenzüberschreitende Einsätze fortgebildet und eine festgelegte Anzahl von Örtlichkeiten für den Gebrauch als operationelle Kommandozentrale mit allen erforderlichen Gegenständen ausgerüstet wird. Die Polizeiführung bei einer mobilen Geiselnahmeaktion, welche in einer anderen Regio-Polizei statisch wird, während derselbe Stab die Führung behält, muss ein System für den schnellen Ausstausch von operationellen Informationen zwischen den Regio-behörden geschaffen werden. Die Erfahrung und Sachkunde der Mitglieder des Führungsgremiums sollte unterstützt werden durch einen Leitenden Oberstaatsanwalt, speziell in seiner Funktion, als Vorsitzender des Führungsgremiums, Geiselnahmelagen vorzubereiten und eine bestimmte Anzahl von Bürgemeistern speziell für das Einschreiten in Geiselnahmelagen fortzubilden. Einer der Bürgermeister stößt zum Führungsgremium hinzu und tritt, wenn die Geiselnahme statisch werden sollte, in Überlegung mit dem Bürgermeister der betroffenen Gemeinde. Der Bürgermeister der betroffenen Gemeinde kann dann in seiner Gemeinde bleiben und dort die Führung des lokalen Apparates übernehmen. Daneben sollen Personen benannt und ausgebildet werden, die als Führungsassistenten im Führungsstab eingesetzt werden.
Die Organisationsstruktur 'Geiselnahme' soll in Übereinstimmung mit der Organisationsstruktur 'Stab außergewöhnliche und besondere Einsätze' gebracht werden. Auch die Richtlinie der Generalstaatsanwaltschaft sollten von dieser Organisationsstruktur ausgehen. Das Verfahren für die Beantragung des Einsatz der BBE-Polizei sollte stromlinienförmiger gemacht werden. Die Informationsprozesse bei Geiselnahmelagen sollten festgeschrieben werden und es sollte ein 'Chef der Information' eingesetzt werden. Es sollten Modelle zur Analyse des Bedrohungspotenzials, der Einsatzakten und der Standardszenarien für unterschiedliche Ereignisse entwickelt werden. Es sollte auch ein speziell auf Geiselnahmelagen gerichteter Kommunikationsplan erstellt werden, welcher dann als Basis dient für eine einheitliche Presse- und Öffentlichkeitsstrategie bei Geiselnahmen.
Die Abläufe im Führungsgremium und im Führungsstab müssen schnellstmöglich strukturiert werden, so dass alle Entscheidungen, Absprachen und Aktionen festgelegt werden und eine Kontrollmöglichkeit über den weiteren Fortgang besteht.
Bei Aufträgen sollten immer die entscheidenden Vorgaben explizit formuliert werden. Alle Führer und einheiten sollten ein Ablaufprotokoll erstellen und nach Lageende einen schriftlichen Erfahrungsbericht erstellen.